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Für Demokratie und Meinungsfreiheit – gegen Einschüchterungsklagen

Peter Bernscherer Peter Bernscherer

Peter Bernscherer

Für Demokratie und Meinungsfreiheit – gegen Einschüchterungsklagen

Der Verein PCs für alle unterstützt den offenen Brief des Österreichischen Netzwerks Zivilgesellschaft (ÖNZ) www.oenz.at an die Bundesregierung zur konsequenten Umsetzung der Anti-SLAPP-Vorgaben der EU und des Europarates.

SLAPP-Klagen (Strategic Lawsuits Against Public Participation) bedrohen die freie Meinungsäußerung und damit die Demokratie. Zivilgesellschaftliche Organisationen, engagierte Einzelpersonen oder Journalist:innen, die Missstände aufzeigen, geraten zunehmend ins Visier solcher Einschüchterungsklagen – auch in Österreich.

 

Ein besonders erschütterndes Beispiel dafür ist der Fall von Petar Rosandić, Gründer der NGO SOS Balkanroute. Aufgrund seines humanitären und öffentlichkeitswirksamen Einsatzes für Geflüchtete wurde er mit einer SLAPP-Klage überzogen. Wäre diese Klage erfolgreich gewesen, hätte sie ihn finanziell ruiniert – und ein wichtiges zivilgesellschaftliches Engagement zum Verstummen gebracht.

Wir fordern gemeinsam mit vielen anderen Organisationen:
Österreich muss die EU- und Europarats-Vorgaben gegen SLAPPs endlich und umfassend umsetzen. Denn wer für Menschenrechte und Demokratie eintritt, darf nicht mit ruinösen Klagen bedroht werden.

 

Und bitte bedenken, dass jede Person und jeder Verein, jedes Unternehmen, jede Organisation davon betroffen sein kann.

 

Link zum offenen Brief: www.oenz.at/aktuelles

 

Artikel beim Standard: www.derstandard.at/story/3000000279800/buendnis-fordert-von-regierung-massnahmen-gegen-slapp-klagen

 

Beitrag von Dr. Maria Windhager zur Klage gegen SOS Balkanroute: medienrechtskanzlei.at/slapp-klage-rechtskraeftig-abgewiesen

 

Inhalt des Briefes:

Offener Brief Für Meinungsfreiheit und Demokratie - Anti-SLAPP Vorgaben wirksam umsetzen 

Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, 

Demokratie lebt vom offenen Wort – doch genau dieses ist zunehmend in Gefahr. In ganz Europa nehmen sogenannte SLAPP-Klagen („Strategic Lawsuits Against Public Participation“ = strategische Klage gegen öffentliche Beteiligung) zu. Dabei handelt es sich um rechtliche Einschüchterungspraktiken, mit denen Journalist:innen, zivilgesellschaftliche Organisationen oder Einzelpersonen, die im öffentlichen Interesse Kritik äußern, zum Schweigen gebracht werden sollen. Sie kosten den Betroffenen viel Zeit und Geld und sind oft existenzbedrohend. Die Folgen sind dramatisch: Zivilgesellschaft und Journalismus können aus Sorge vor unzulässigen Klagen nicht mehr frei agieren (Chilling-Effekt), die öffentliche Debatte wird eingeschränkt, und die Gefahr wächst, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ausgehöhlt werden. 

Wer gut begründete Kritik übt, Missstände aufdeckt oder Machtmissbrauch aufzeigt, darf nicht durch teure und langwierige rechtsmissbräuchliche Verfahren eingeschüchtert werden. Gerade deshalb ist es entscheidend, dass die Anti-SLAPP-Vorgaben der EU und des Europarates · Anti-SLAPP Richtlinie EU für internationale Fälle (2024/1069, 11.4.2024) · Anti-SLAPP Empfehlung EU für nationale Fälle (2022/758, 27.4.2022) · Anti-SLAPP Empfehlung EUROPARAT (CM/Rec (2024) 2, 5.4.2024) nun rasch, konsequent und wirksam umgesetzt werden. Österreich hat mit der Etablierung von klaren, effektiven Schutzmechanismen nicht nur die Chance, ein starkes Signal für Demokratie und Meinungsfreiheit zu setzen, sondern kann auch ein Vorbild für andere EU-Mitgliedsstaaten sein. Um der SLAPP-Problematik entschieden entgegenzuwirken, sind umfassende Schutzmechanismen notwendig. Dafür sind Insbesondere die folgenden gesetzlichen Maßnahmen von zentraler Bedeutung: I. Umfassender Schutz auch bei ‘bloß’ nationalen Fällen Der Schutz vor SLAPPs muss in Österreich für nationale wie für internationale Fälle gelten. Nicht zuletzt aus Gleichheitserwägungen, müssen auch die Empfehlungen von EU-Kommission und Europarat umgesetzt werden. II. Umfassender Schutz in allen Rechtsgebieten Die Maßnahmen müssen nicht nur vor zivilrechtlichen, sondern auch vor strafrechtlichen (z.B. Üble Nachrede, Beleidigung oder Kreditschädigung) Einschüchterungspraktiken schützen, da auch solche Privatanklagedelikte enormes Einschüchterungspotential haben. 

III. Umfassende wirksame verfahrensrechtliche Garantien/Maßnahmen 

1. Hohe Sanktionen mit abschreckender Wirkung Es braucht klare, empfindliche und abschreckende Sanktionsmöglichkeiten bei missbräuchlichen Klagen, damit SLAPPs nicht mehr als kalkuliertes Risiko für Kläger:innen betrachtet werden können, sondern spürbare Konsequenzen nach sich ziehen. 

2. Vollumfänglicher Kostenersatz In SLAPP-Fällen muss sichergestellt sein, dass Beklagte nicht auf den Kosten sitzen bleiben – sämtliche Aufwendungen, insbesondere vorprozessuale Kosten und tatsächliche Anwaltskosten (nicht bloß tarifmäßiger Ersatz), müssen von der missbräuchlich klagenden Partei getragen werden. 

3. Möglichkeit zur frühzeitigen Beendigung des Verfahrens Notwendig sind effektive Maßnahmen, um langwierigen missbräuchlichen Verfahren und dem damit verbundenen Einschüchterungspotential entgegen zu wirken. Gerichte sollen Klagen in jedem Stadium abweisen können, wenn und sobald Sie einen Rechtsmissbrauch feststellen. 

4. Zugang zu wirksamer Verfahrenshilfe für Betroffene Um das strukturelle Machtungleichgewicht zwischen in aller Regel finanzstarken Kläger:innen und finanziell unterlegenen Angeklagten auszugleichen, braucht es unkomplizierten Zugang zu ausreichender finanzieller und rechtlicher Verfahrenshilfe. 

5. Beistandsmöglickeit in gerichtlichen Verfahren Für Organisationen mit berechtigtem Interesse (z.B. Journalistenverbände, Interessensvertretungen oder zivilgesellschaftlichen Einrichtungen) soll die Möglichkeit vorsehen werden, SLAPP-Beklagte in Verfahren zu unterstützen, zu schützen oder zu fördern. Zu denken ist hier insbesondere an die Bereitstellung von Informationen oder die Teilnahme an Gerichtsverfahren. Nur eine starke und konsequente Umsetzung kann verhindern, dass kritischer Journalismus und demokratisches, zivilgesellschaftliches Engagement im öffentlichen Interesse durch rechtliche Einschüchterungspraktiken untergraben werden. Die Vorgaben der EU und des Europarates zu SLAPPs bieten das nötige Fundament – die österreichische Regierung muss sie zum Schutz der rechtsstaatlichen, liberalen Demokratie mit Nachdruck rasch und konsequent umsetzen. Wir fordern daher von der österreichischen Bundesregierung, sich gemeinsam für eine schnelle und starke Umsetzung der Europäischen Vorgaben einzusetzen. 

Mit freundlichen Grüßen, 

die unterzeichnenden Organisationen: 

● Österreichisches Netzwerk Zivilgesellschaft (ÖNZ) 

● Presseclub Concordia 

● Gewerkschaft GPA 

● Verband Freier Rundfunk Österreich

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