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06.12.2025  ·  Peter Bernscherer  ·  Auf Facebook teilen  ·  Auf X (Twitter) teilen

Digitale Teilhabe beginnt mit Lesekompetenz

Die jüngsten OECD-Zahlen zeichnen ein alarmierendes Bild: Fast ein Drittel der Erwachsenen in Österreich kann einfache Texte nicht angemessen lesen und verstehen. Monate nach der ersten Erhebung zeigen die Folgedaten aus September 2025 – trotz angekündigter Maßnahmen keine Trendwende. Im Gegenteil: Die Quote der Erwachsenen mit niedriger Lesekompetenz ist sogar leicht auf 31 Prozent gestiegen.

Aus unserer täglichen Arbeit kennen wir die dramatischen Folgen dieser Entwicklung nur zu gut.

Wenn Menschen nicht ausreichend lesen können, sind sie in der digitalen Welt doppelt benachteiligt. Sie können keine Online-Formulare ausfüllen, keine digitalen Behördenwege nutzen, keine E-Mails verstehen und keine Informationen im Internet kritisch bewerten. Die Digitalisierung, die allen mehr Teilhabe ermöglichen sollte, wird so zur zusätzlichen Barriere.

 

Ankündigungen allein reichen nicht

Die Politik reagiert mit Absichtserklärungen: 65 Millionen Euro Chancenbonus, ein zweites Kindergartenjahr, mehr Diagnostik. Doch zwischen Dezember 2024 und September 2025 hat sich nichts verbessert. Wir sehen in unseren Schulungsprogrammen täglich, wie schwer es für Menschen mit geringer Lesekompetenz ist, den Anschluss an die digitale Gesellschaft zu finden.

Die Fakten sind eindeutig:

Die Zahl der funktionalen Analphabeten hat sich seit 2012 fast verdoppelt

Bildung wird weiterhin stark vererbt – nur 16 Prozent ohne akademische Eltern schaffen einen Hochschulabschluss

Menschen mit niedriger Lesekompetenz nehmen am wenigsten an Weiterbildung teil – ein Teufelskreis

 

Was wirklich gebraucht wird

Statt neuer Ankündigungen braucht es sofortige, konkrete Schritte:

1. Niederschwellige digitale Grundbildung für Erwachsene Lesen lernt man durch Lesen. Digitale Anwendungen können motivieren und individuell fördern – wenn sie richtig eingesetzt werden. Doch dafür braucht es flächendeckende, kostenlose Angebote.

2. Hardware-Zugang für alle Ein Computer oder Tablet ist heute so wichtig wie ein Schulbuch. Familien mit niedrigem Bildungsstand können sich diese oft nicht leisten. Hier entstehen Bildungsbarrieren, bevor das Kind überhaupt die Schule verlässt.

3. Frühzeitige Intervention statt Sitzenbleiben Die OECD bestätigt: Sitzenbleiben ist teuer und stigmatisierend, bringt aber kaum Leistungsverbesserung. Das Geld wäre besser in digitale Lerntools und individuelle Förderung investiert.

4. Außerschulische Unterstützung ausbauen Gerade Kinder aus bildungsfernen Familien brauchen Orte, an denen sie Zugang zu Technik und Begleitung beim Lernen finden. Vereine wie unserer leisten diese Arbeit – meist mit minimalen Mitteln.

 

Ein Jahr vertan

Zwischen den beiden Studien liegt fast ein Jahr. Ein Jahr, in dem Tausende Kinder die Schule mit unzureichenden Lesekompetenzen verlassen haben. Ein Jahr, in dem Erwachsene weiter von der digitalen Gesellschaft ausgeschlossen blieben. Ein Jahr, in dem Ankündigungen gemacht, aber keine spürbaren Verbesserungen erreicht wurden.

Die Digitalisierung wartet nicht auf politische Zeitpläne. Jeden Tag werden mehr Behördenwege, mehr Jobinserate, mehr Informationen ausschließlich online verfügbar. Wer nicht lesen und digital navigieren kann, verliert den Anschluss – und mit ihm die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe.

Österreich kann sich diese Entwicklung nicht leisten. Es geht nicht nur um Bildungsstatistiken, sondern um die Zukunft von fast einem Drittel der Bevölkerung. Es ist höchste Zeit, von Ankündigungen zu Taten überzugehen – bevor eine weitere Generation verloren geht.

PCs für Alle setzt sich seit Jahren für digitale Teilhabe und Chancengleichheit ein. Wir sehen täglich, was Zugang zu Technik und Bildung bewirken kann – und was fehlt, wenn beides nicht vorhanden ist.